Archiv: Lesetipp

Bilder, die du knicken kannst

Manchmal will eine Zeichnung einfach nicht gelingen und landet – zerknüllt – im Papierkorb. Ein solches Szenario brachte die Grafikerin und Illustratorin Teelke Limbeck auf die Idee, daraus etwas zu machen. Spontan hatte sie verschiedene Vorstellungen angesichts der Struktur des Papiers: Es könnte Wasser oder Sandstrand, Schnee oder Bettwäsche sein. Limbeck begann zu experimentieren und ihr Knitterwerk mit anderen Techniken zu kombinieren. Es entstanden Kunstwerke, wie eine gemalte Tasse, aus der ein Heißgetränk dampft (passende Knitter) oder ein gezeichnetes Eichhörnchen, das einen durch Knitter erzeugten Stamm hoch klettert.
In der Einführung stellt die Autorin auf den insgesamt 96 Seiten verschiedene Techniken mit unterschiedlichen Papieren vor, zeigt zudem, wie ein passendes Licht- und Schattenspiel inszeniert werden kann. Die umgesetzten Beispiele begeistern und motivieren gleich loszulegen. Im Haupt Verlag ist das Buch erschienen und möchte für 19,90 Euro anderen Kreativen die Knittertechnik nahebringen.

Dein Advent – 24 Glücksmomente nur für dich

Jahr für Jahr freuen sich viele auf die Advents- und Weihnachtszeit: Wochen des Lichts, der Gemütlichkeit und des Innehaltens, der Heimlichkeiten und der Vorfreude. Doch im Alltag erleben die meisten Menschen die Zeit als hektisch und vollgestopft. Warum soll auch ein Leben, das aus vielen Aufgaben, Verpflichtungen und Verabredungen besteht, plötzlich ab dem ersten Dezember anders verlaufen?
Die Psychologin Tanja Köhler lädt in ihrem Buch zu täglichen Entspannungsmomenten ein: 24 Impulse vom ersten Dezember bis zu Heiligabend begleiten durch diese Zeit. Täglich gibt es eine Anregung, manchmal eine Frage oder kurze Geschichten – die helfen sollen, den Blick nach innen zu richten. Über manches können die Leser nachdenken oder sich einfach nur freuen. Die Texte sind bewusst kurz gehalten, damit sie in den einen freien Moment am Tag gut hineinpassen. Köhler möchte zum Gefühl der Vorfreude motivieren und dazu, Neues zu entdecken sowie sich selbst zu verzaubern. Für den Knesebeck Verlag hat sie das hübsch illustrierte, 144seitige Buch geschrieben. Für 20 Euro kann der Adventszeit mit mehr Leichtigkeit und Energie begegnet werden.

Van Gogh – Das Pop-up-Buch

Zu den Faszinationen für große und kleine Menschen gehören Pop-up-Bücher mit ihren – gefühlt – verspielten Auftritten. Der amerikanische Autor und Illustrator David A. Carter ist Spezialist für Bücher dieser Art. Für Prestel hat er die Bilderwelt des holländischen Malers und Zeichners Vincent van Gogh vorbereitet. Die fünf gezeigten Kunstwerke werden aus der 2D-Welt in eine 3D-Illusion gebracht, wodurch eine zusätzliche Tiefe entsteht.
Ein Klappboden für die Bilder ist zweifach genutzt: Einerseits wird fortlaufend das Leben des Künstlers beschrieben, andererseits gibt es Hintergrundinformationen zu den Bildern – Blühende Mandelzweige, Caféterrasse am Abend, Die Sternennacht, Das Schlafzimmer, Weizenfeld mit Zypressen.
Allein das Versetzen der Bilder in die Pop-up-Welt, was ihnen Tiefe und Mehrschichtigkeit verleiht, ist ein eigenes Kunstwerk. Das 12-seitige Buch nimmt für 26 Euro in die Welt von Vincent van Gogh mit.

Von Tür zu Tür – Wiener Geschichten

Unabhängig von Orten, Ländern, Zeitepochen, Kunststilen … können Türen Geschichten auf vielfältige Weise erzählen. Was haben sie nicht schon alles erlebt, wenn gesehen? Sie sind stumme Betrachter durch die Zeit.
Ganz normale Türen in Wien – vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert – haben die Autorin Gabriele Hasmann und die Fotografin Barbora Vavro Gruber in den Blick genommen. Manche chic, manche schon in die Jahre gekommen, öffnen sie sich für den Styria Verlag und berichten, wozu und für wen sich die Türen öffneten. Manches fand sich in Zeitungsnotizen. Prachtvolle schmiedeeiserne Arbeiten wechseln sich ab mit eher schlicht gehaltenen Holztüren. Weit verbreitete Jugendstilelemente unterschiedlicher Art zeigen die Vielfalt der Dekorationsmöglichkeiten. Neben menschlichen Schicksalen, wie Liebe, Freude oder Trauer, verbergen sich hinter den Türen auch Anekdoten. 208 Seiten – unterhaltsam und inspirierend gehalten: „Vom gotischen Türstock zum barocken Portal, vom träumerischen Jugendstil zu Shabby-Chic, von typischer Wiener Gründerzeit zum schlichten Design: So vielfältig und charakterstark wie die Türen und Tore Wiens sind auch die Bewohner, die hier ein- und ausgingen“, heißt es seitens des Verlags. Für 32 Euro ist es ein faszinierendes Bild einer vergangenen Epoche, die uns begleitet, solange Häuser und Türen an ihrem Platz bleiben.

Figur im Raum – entdecken und zeichnen

„Der Raum existiert nicht, man muss ihn schaffen“ – dieses Zitat von Alberto Giacometti könnte als Leitzitat für Peter Boerboom gelten, der in seinem Buch die vielseitigen Möglichkeiten aufzeigt, Figuren zeichnerisch im Raum zu positionieren. Zunächst muss die Umgebung entstehen, um die Figur zu ihr in Beziehung setzen. Dieses zeichnerisch zu entdecken, lohnt sich. Im Vorwort werden bereits einige motivierende Impulse gesetzt, unter anderem mit obigem Zitat.
Mit Zeichnungen, Fotos und Collagen zeigt Boerboom für den Haupt Verlag auf 176 Seiten, wie schnell skizziert oder gezielt platziert werden kann. Wie kann aus einem Klecks eine Gestalt werden? Wie setzt man Personen in Bezug zu einander? Wie lässt man sie mit der Umgebung (dem Raum) interagieren? Schweben, mit festem Stand, allein, zu zweit oder als Gruppe – erklärende Sätze oder kurze Texte inspirieren und lassen der Fantasie freien Lauf. Für 29,90 Euro können Figuren im Raum nicht nur im Kopf, sondern auch auf dem Papier entstehen.

Ausgezeichneter Wohnungsbau 2024

Wohnraum fehlt und der vorhandene ist oft teuer. Seit 2019 gibt es den Wettbewerb Ausgezeichneter Wohnungsbau. Dabei geht es um „intelligente Strategien zum Bau von Wohnhäusern …, die zugleich städtebauliche, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigen,“ wie es Roland Pawlitschko formuliert, der gemeinsam mit Dr. Christine Lemaitre Autor des 376 Seiten starken Buches ist. Viele Projekte drehen sich um gemeinschaftliches Wohnen, sei es in einem Quartier mit entsprechender Infrastruktur oder in einem Studentenwohnheim. Neubau, Umbau oder Integration von Neuem in alte Gemäuer sind die Schwerpunktthemen. Vorgestellt werden im Rahmen der Wettbewerbsprämierung Wohnbauten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der erste Preis ging an das Quartier Rivus Vivere in Wien, das als Gesamtkonzept mit 296 Wohn und 12 Gewerbeeinheiten auch die Lebensqualität der umliegenden Wohnviertel erhöht haben soll. Insgesamt 43 Projekte des Wettbewerbs, die eine Anerkennung (sechs Projekte) oder Auszeichnung (36 Projekte) erhielten, werden in dem bei Callwey erschienenen Titel vorgestellt.
Das Buch zeigt, wo Architekturkonzepte heute stehen, und wie die Bauherren versuchen, die Bedürfnisse des Wohnungsmarktes zu erfüllen. Oder wie es Gerald Schnell vom Architekturbüro Ferranti Schnell in Frankfurt/Main formuliert: „Wir möchten Bauten entwickeln, die eine Verbindung mit ihrem Ort eingehen, gut altern und mit der Zeit immer besser werden. So entsteht echte Nachhaltigkeit.“ Für 98 Euro ein interessantes Kompendium über Gemeinschafts- und Quartierbauten – und darüber wie zeitgemäße Wohnkonzepte entwickelt werden.

 

Retail Design International Vol. 9

Text Die Themen Re-Use und Weiterbauen gewinnen auch in der Handelswelt an Bedeutung. Alte Gemäuer wieder zum Leben zu erwecken, reizt die Retail-Welt schon lange. Nicht immer ist der Bestand zu retten, doch leer stehende Kauf- und Parkhäuser motivieren, Raumkonzepte neu zu denken. Jons Messedat, Architekt, Hochschullehrer und Autor, stellt im aktuellen deutsch-englischen, bei Avedition erschienenen Jahrbuch vor allem Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum vor. China, Japan und Indien sind ebenfalls mit einzelnen Handelskonzepten vertreten. Im Fokus steht bei den vorgestellten 33 ausgesuchten Raumgestaltungen die Konzentration auf das Wesentliche. Alle auf den 200 Seiten vorgestellten Läden zeigen anhand einer umfangreichen Bebilderung, Umsetzungsideen und motivieren, sich damit zu beschäftigen. Für 69 Euro kann ein Blick in Räume geworfen werden, die sich für die Zukunft aufstellen wollen.

Schwebedialoge – Kommunizieren jenseits von Konsens und Lösung

Ein Kommunikationsformat ohne klare Ziele? Keine klassische Lösung von Themen oder Konflikten? Stattdessen geht es um meine Welt, in der ich beruflich und privat lebe: Wo stehe ich gerade? Welche Bedürfnisse habe ich zum Beispiel in meinem Team? Was erwarte ich von den anderen und was von mir? Nichts, was gesagt wird, wird bewertet. Vielmehr wird die eigene Sicht gestärkt und kann sich weiterentwickeln.
Britta Albegger und Geza Horvat haben die Methode entwickelt, bei der es nicht um Wahrheiten, sondern um Gefühle, Gedanken, Vorstellungen und Überzeugungen als Ausdruck von Bedürfnissen geht. Ein Schwebedialog ist nicht statisch, das Bild, das ich heute male, kann morgen ganz anders aussehen. Und es geht nicht darum, jemanden zu überzeugen, sondern mir selbst klar zu werden, wo ich stehe und was ich möchte. Das sind erste Schritte für eine mögliche Veränderung. Auch und gerade in Teams kann so das Miteinander gestärkt und verändert werden. Das 198 Seiten starke Buch ist im Verlag Business Village erschienen und bietet für 26,95 Euro eine Methode mit einem interessanten Ansatz. Fragenraster und Hinweise am Anfang des Buches helfen, diese für sich zu entdecken.

Journaling-Kalender

Sich mit sich selbst zu beschäftigen, gehört zu den Herausforderungen. Nicht jedem liegt die offensichtliche Innenschau oder Meditation … Mit dem Journaling-Kalender vom Verlag Hermann Schmidt kann jeder Tag mit einer angeleiteten Selbstreflexion beginnen. Ob Fragen oder Satzanfänge – an 365 Tagen kann der Alltagstrott nach Maßgabe der Autorinnen Jrene Rolli und Andrea Keller, beide kreative Wortmenschen, durchbrochen werden.
Sich selbst zu entdecken, indem schriftliche Antworten auf Fragen gegeben oder Satzanfänge weiter entwickelt werden, ist die Jahresherausforderung für 2025. Und die tägliche Beschäftigung damit, spontane Gedanken zu Papier zu bringen, kann auch danach weitergeführt werden. Routinen und Rituale helfen, den Alltag anders zu strukturieren.
Gestaltet wurde der Kalender von Fanni Udvarnoki.
Für 29,80 Euro ist es ein Jahresbegleiter der besonderen Art.

Al dente – Pasta und Design

Zu den Kindheitserinnerungen gehört, aus Buchstabennudeln in der Suppe, Wörter zu bilden. Gedanken, über das Formen der Nudeln, spielten dabei keine Rolle. Um so faszinierender ist es, dass das HfG-Archiv Ulm das Thema Pasta & Design in einer Sonderausstellung (bis zum 19.1.2025) und im 304-seitigen Katalog aufgreift. Kurator und Designhistoriker Linus Rapp spricht in der Einleitung über Teigwaren als Gestaltungsaufgabe und macht deutlich, wie eng Pasta und Design zusammenhängen. Innerhalb und außerhalb der HfG, der legendären Hochschule für Gestaltung Ulm, entwarfen Designer Pastaformen. Darunter Otl Aicher, einer der Gründer der HfG. Zu den unzähligen Formen, Größen, Farben kommen immer wieder neue hinzu. Wer nur in Maccheroni, Spaghetti, Bandnudeln denkt, dem entgeht einiges. Beispielsweise die in den 1980er Jahren von Designern im Auftrag von Pastaherstellern entwickelten Formen. Skizzen, Studien und Texte zeugen ebenso wie Plakate von diesen kreativen Zeiten der Nudel.
Die Designerin und Köchin Anna Pearson gibt ihre persönlichen Geheimnisse der Pastaherstellung preis. Neben unterschiedlichen Gerätschaften der Herstellung von Hand oder mechanischen Helfern wird auch die industrielle Produktion gezeigt. Der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Uwe Spiekermann nimmt uns mit zur Kulturgeschichte der Spätzle. Schließlich spielt diese Nudelart eine wichtige Rolle im Süden Deutschlands.
Und fehlen darf auch nicht das Kapitel Verpackung und Packungsdesign. Denn was wäre die nackte Nudel im Regal, auch wenn sie unterschiedliche Formen hat? Packungsdesign hat hier eine wesentliche Aufgabe und Verantwortung, damit Manufakturen neben den Großen der Branche eine Chance haben mit ihren Produkten. Amüsiert können dann noch Nudeln in der Kunst betrachtet werden.
Am Ende der Ausstellung sollte die Frage, wie kommt die Pasta in ihre Form auf Anhieb beantwortet werden. Wer es nicht weiß oder die Ausstellung nicht besuchen kann, der kaufe sich den bei Avedition erschienenen Katalog für 34 Euro.