Archiv: Lesetipp

Al dente – Pasta und Design

Zu den Kindheitserinnerungen gehört, aus Buchstabennudeln in der Suppe, Wörter zu bilden. Gedanken, über das Formen der Nudeln, spielten dabei keine Rolle. Um so faszinierender ist es, dass das HfG-Archiv Ulm das Thema Pasta & Design in einer Sonderausstellung (bis zum 19.1.2025) und im 304-seitigen Katalog aufgreift. Kurator und Designhistoriker Linus Rapp spricht in der Einleitung über Teigwaren als Gestaltungsaufgabe und macht deutlich, wie eng Pasta und Design zusammenhängen. Innerhalb und außerhalb der HfG, der legendären Hochschule für Gestaltung Ulm, entwarfen Designer Pastaformen. Darunter Otl Aicher, einer der Gründer der HfG. Zu den unzähligen Formen, Größen, Farben kommen immer wieder neue hinzu. Wer nur in Maccheroni, Spaghetti, Bandnudeln denkt, dem entgeht einiges. Beispielsweise die in den 1980er Jahren von Designern im Auftrag von Pastaherstellern entwickelten Formen. Skizzen, Studien und Texte zeugen ebenso wie Plakate von diesen kreativen Zeiten der Nudel.
Die Designerin und Köchin Anna Pearson gibt ihre persönlichen Geheimnisse der Pastaherstellung preis. Neben unterschiedlichen Gerätschaften der Herstellung von Hand oder mechanischen Helfern wird auch die industrielle Produktion gezeigt. Der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Uwe Spiekermann nimmt uns mit zur Kulturgeschichte der Spätzle. Schließlich spielt diese Nudelart eine wichtige Rolle im Süden Deutschlands.
Und fehlen darf auch nicht das Kapitel Verpackung und Packungsdesign. Denn was wäre die nackte Nudel im Regal, auch wenn sie unterschiedliche Formen hat? Packungsdesign hat hier eine wesentliche Aufgabe und Verantwortung, damit Manufakturen neben den Großen der Branche eine Chance haben mit ihren Produkten. Amüsiert können dann noch Nudeln in der Kunst betrachtet werden.
Am Ende der Ausstellung sollte die Frage, wie kommt die Pasta in ihre Form auf Anhieb beantwortet werden. Wer es nicht weiß oder die Ausstellung nicht besuchen kann, der kaufe sich den bei Avedition erschienenen Katalog für 34 Euro.

Brand New Brand

Hinter jedem erfolgreichen Produkt steckt eine starke Marke – so die Botschaft von Astrid Stavro, Partner Pentagram London/ Großbritannien, in ihrer Einführung zu dem bei Gestalten erschienenen Buch. Agenturen aus der ganzen Welt präsentieren in einer starken Bildsprache ihre Cases aus der Welt der Marken, ergänzt durch kurze Texte. Bei den meisten spielt auch die Verpackung eine Rolle – ob als klassische Produkthülle, als Tragetasche oder als Take-away-Verpackung.
Gestalten setzt mit diesem Buch auch ein Statement: „Es stimmt, Branding kann Unternehmen einen großen Auftritt verschaffen und die Wiedererkennung steigern, wirklich gutes Branding jedoch ist mehr als nur ein Look und ein Logo: Es ermöglicht, durch visuelle Sprache die Werte und die Persönlichkeit kleiner Unternehmen erfahrbar zu machen und so die Geschichten der Menschen zu erzählen, die sie mit Leben füllen. Branding ist die emotionale Reaktion, die ein Unternehmen bei seinen Kunden hervorrufen kann, indem es Vertrauen schafft und ein Gefühl von Authentizität vermittelt.“ Wer heute leidenschaftlich Brot backe, eine Physiotherapie-Praxis eröffne, die Geschichte eines familiengeführten Hotels fortschreibe, ein Recycling-Unternehmen oder eine soziale Initiative gründe, dem gehe es um mehr als Corporate Design, so der Verlag.
Das Buch ist auf Englisch erschienen, umfasst 256 Seiten und nimmt für 39,90 Euro mit in die faszinierende Welt der Marken.

Matteo Thun Stories

Wie lernt man Menschen besser kennen als durch ihre (Lebens-) Geschichten? Die Journalistin Sherin Kneifl hat die des Designers und Architekten Matteo Thun aufgeschrieben. Daraus wurde für Callwey ein Band mit 72 Kapiteln auf 184 Seiten und 200 Fotos sowie Abbildungen, die dieses persönlich gehaltene Buch illustrieren. Das Gesamte bildet die Welt mit der besonderen Herkunft Thuns ab, der aus einer Künstlerfamilie stammt. Die ausgesuchten Einblicke in sein Leben vermitteln unterhaltsame Leichtigkeit bei aller Ernsthaftigkeit. Persönlichkeiten wie Ettore Sottsass, Karl Lagerfeld oder Keith Haring spielen als Wegbegleiter oder Begegnungen ebenso eine Rolle wie Marken, beispielsweise Campari, Julius Meinl, WMF oder Nivea. … und immer wieder gibt es Familiengeschichten unterschiedlicher Art. Hotelkonzepte und -bauten spiegeln die Vielfalt der architektonischen Umsetzungen wider.
Es ist ein kurzweiliges Buch, in das für 29,95 Euro in die Welt des Matteo Thun eingetaucht werden kann.

Dream Businesses

Tu, was du kannst, und liebe, was du tust – so könnte dieses im Verlag Gestalten erschienene Buch zusammengefasst werden. Finde deine Nische, in der du dich mit Leidenschaft selbstständig machen kannst, so der Tenor. Das Buch stellt auf 288 Seiten Unternehmer und ihre Entrepreneurship-Ideen aus der ganzen Welt vor, die sich ihren Traum der Selbstständigkeit erfüllt haben. Leben und Arbeiten nach eigenen Regeln lautet die Botschaft, seien es Coffeebars, Olivenfarmen, Gästehäuser, Modedesigner und vieles mehr. Ihnen allen ist gemein, dass sie aus dem sogenannten geregelten Arbeitsleben ausgestiegen sind, um mehr Freizeit zu haben und sich selbst zu leben.
Verschiedene Schwerpunkte geben Hinweise für bestimmte Branchen, wie die Reise-, die Getränke- und Lebensmittelbranche oder werfen einen Blick auf die Kreativbranche. Ein Dream business tool kit zeigt, worauf es ankommt, ebenso wie eine Umfrage unter sechs Selbstständigen, die erläutern, was für sie ein Dream business ist.
Herausgeber sind Courier Media und der Gestalten Verlag. Das auf Englisch erschienene Buch bringt für 45 Euro frischen Wind in den Arbeitsalltag.

Kinfolk Islands: Entspannt von Insel zu Insel

Inseln können das Gefühl geben, von der Welt abgeschnitten zu sein. Sie laden ein zu einer besonderen, gemächlicheren Zeit. Ihre Besonderheiten sind vielfältig und laden zum Träumen ein – auch wenn es nur auf dem heimischen Sofa ist.
John Burns, Chefredakteur des Magazins Kinfolk, hat sich den Inseln als Sehnsuchtsorten gewidmet. Bereits die Texte zu den 18 vorgestellten Eilanden auf fünf Kontinenten, darunter auch die jüngste kanarische Insel La Graciosa, arbeiten ebenso die Besonderheiten heraus wie sie Tipps geben beispielsweise für Anreise und Übernachtung. Ausgewählte Bildstrecken arbeiten die vielfältigen Eigenheiten auch bildlich heraus.
Unter den Kapitelüberschriften AusbrechenEntdeckenEntspannen werden jeweils sechs Inselwelten vorgestellt. Den Kapitelschlussstrich zieht immer ein Essay zu einem passenden Thema.
Burns hat sich in diesem auf Deutsch im Knesebeck Verlag erschienenen Buch mit der Faszination, die von Inseln ausgeht, befasst. Der Leuchtturm auf dem Titel weist auf die unterschiedlichen Blickrichtungen und Betrachtungsmöglichkeiten hin, die unterschiedliche Sichtweisen auf die Inselwelt ermöglichen. Slow-Travelling lautet das Zauberwort. 256 Seiten, die Sofareisende ebenso wie Inselhopper inspirieren und zum Träumen animieren, bereichern die Leser für 42 Euro.

Gute Geschäfte

Die Welt des Handels scheint immer ähnlicher zu werden in einer von Ladenketten und Supermärkten geprägten Welt. Doch es geht auch anders, was das bei Gestalten erschienene Buch beweist. Der Titel mag irritieren, so dass man fast fragen möchte: Was sind gute Geschäfte? Gut ist ein vielschichtiger Begriff. Neben einer ethischen Komponente, Qualität anzubieten, verkaufen manche Ladenbesitzer zum Beispiel nur Waren aus dem eigenen Land. Gut kann sich auch auf die durchdachten und zielgerichteten Ladenkonzepte beziehen, die keine Kompromisse für vermeintlich schnelles Geld eingehen.
Die Journalistin Marianne Julia Strauss, neben Robert Klanten Herausgeberin des Buches, hat die Texte über die unabhängigen Läden formuliert. So vielfältig die Angebote sind, so vielfältig sind auch die (innen-) architektonischen Konzepte. Ob Spazio Permano, ein 2022 in Mailand eröffnetes Geschäft für Handpflege, The Maker Store, der seit 2016 in Amsterdam Kunsthandwerk anbietet, oder Coalbrook, der seit 2022 in London Badarmaturen präsentiert, – ihnen allen ist die Liebe zum Detail ebenso anzumerken, wie die Leidenschaft für lokale Ladenkonzepte.
In fünf Kapitel werden die auf 256 Seiten präsentierten Konzeptläden, Flagship-Stores und inhabergeführten Geschäfte vorgestellt. Ob unter der Überschrift Kundschaft wird Gemeinschaft, Spezialistentum oder Zukunft auf allen Kanälen – staunend nimmt der Leser wahr, wie viele der Läden erst in den letzten Jahren entstanden sind. Daneben gibt es länger und alt-eingesessene Angebote, die Beratung und Service anbieten.
Strauss spricht von „Mut, Einfallsreichtum und Zauber von Stores, die unsere Nachbarschaften lebendig machen“. Für 39,90 Euro ein motivierendes und auch Mut machendes Buch.

Retail Design International Vol. 8

Neue Markenkonzepte, Pop-up-Stores und nach ökologischen Grundsätzen gebaute Einkaufsstätten, das vereint der von dem Architekten und Industriedesigner Jons Messedat herausgegebene Band. Es geht um strukturellen Wandel und eine vielfältige Nutzung, wie Alexandra Dimitrijevic und Jaromin Hecker anhand eines Beispiels aus dem Allgäu aufzeigen. Verschiedene Technologien werden aufgeführt – stationär und digital –, die die Handelswelt nicht nur vielfältiger, sondern auch flexibler machen. 35 Ladenkonzepte, hauptsächlich aus der DACH-Region, zeigen unterschiedliche, von Profis umgesetzte Ideen. Da ist beispielsweise der Falke-Shop für den internationalen Markt mit einer besonderen Schaufensterdekoration oder Ritter Sport mit Instore-Konzepten. Ob ein Pavillon für La Roche Posay oder ein Feinkostgeschäft in Süddeutschland – Individualität und eigenständige Konzepte sind gefragt. Ähnliches zeigen auch die Gebäudeplaner: Ob ein 24/7-Nahversorgungsangebot von Tegut oder die Mpreis-Filiale im österreichischen Klagenfurt: Natürliche Baumaterialien sind ebenso angesagt wie die Nähe zum Kunden. Bei Avedition ist das 200-seitige Buch für 69 Euro erschienen.

Kleiner Atlas der Kulinarik

Gemeinschaft wird nicht selten über das Mit-einander-essen oder -kochen ge- und erlebt. Manches, was wir glauben, eindeutig zuordnen zu können, ist eng international verzahnt. So kommen die berühmten italienischen Nudeln ursprünglich aus China und das Basilikum aus Indien.
Die italienische Foodjournalistin Martina Liverani hat genussvolle Geschichten aus aller Welt zusammengetragen. Im Mittelpunkt stehen verschiedene Gerichte und Lebensmittel, kulinarische Praktiken sowie Rituale und Vorlieben. Die Leser lernen über kulinarische Besonderheiten und Gemeinsamkeiten: Manche kennt man überall auf der Welt, andere sind eher regional; manches Gericht ist zum Teilen und wird von einem großen Teller für alle gegessen, anderes wird auf Tellern für jeden einzelnen serviert …
Bei der Lektüre entstehen Bilder und Inspirationen. Traditionen, Essgewohnheiten, spezifische Zutaten motivieren eine bunte, internationale Welt. Es sind die Geschichten – jenseits von Rezepten -, die eine vielfältige Kultur des Essens zeichnen. Die deutsche Ausgabe ist mit 240 Seiten im Knesebeck Verlag erschienen und motiviert für 28 Euro Ideen.

Architekturgeschichten. Von der Vielfalt des Bauens

Einen lebendigen Austausch über Architektur wollen der Architekt Gerd Ackermann und die Journalistin Ulrike Pfeil mit ihrem Buch motivieren. Bei Avedition erschienen sollen vor allem Einsteiger, wie zukünftige Architekturstudenten, auf 192 Seiten angeregt werden, sich Gebäude und ihre Botschaften genauer anzusehen. In fünf Kapiteln werden den Lesern Basisinformationen, wie Proportionen, Goldener Schnitt oder der Eck-Konflikt, nahegebracht. Anhand verschiedener Beispiele werden Architekturkonzepte verständlich erklärt: „Der äußere Eindruck eines Wohnhauses ist das eine. Ob es aber gelungen ist und zum Leben darin taugt, darüber entscheiden vor allem seine innere Struktur, die Raumaufteilung und die Beziehung der Räume zueinander.“ Ausgewählte Konstruktionen, Konzepte, die auf die zukünftigen Bewohner eingehen, und verschiedene Baumeister, wie Hans Scharoun, werden vorgestellt. Ebenso wird der nicht einfache Weg der Frau in der Architektur angesprochen.
Das Buch erhebt nicht den Anspruch, eine systematische Einführung in die Architekturgeschichte zu sein, sondern will das Auge ebenso schulen, wie zum Entdecken ermutigen. Für 29 Euro eine gelungene und anregende Lektüre.

Die großen Marken in Deutschland 2023

Was wären Marken ohne Design? Der Rat für Formgebung sieht als eine seiner Aufgaben, das gesellschaftliche Bewusstsein für Gestaltung zu stärken und Unternehmen bei der Marken- und Designentwicklung zu unterstützen. Gerade ist die Ausgabe 2023 über große Marken in Deutschland bei Callwey erschienen. Als Herausgeber fungiert für den Rat für Formgebung Geschäftsführer Lutz Dietzold.
69 Marken werden auf 208 Seiten – zumeist auf einer Doppelseite – vorgestellt. Das besondere Augenmerk liegt auf „recreate, transform, be resilient“. Architekturbüros, Möbelhersteller, Automobile, Haushalts- und Einrichtungsgegenstände werden ebenso präsentiert wie verschiedene Kreativagenturen, von denen In Medias Rees und Factor auch Packungskomptenz besitzen. Als Hersteller von Veredelungs- und Dekorationsfolien sind die Leonhard Kurz Stiftung und Out Nature by Pre Zero als Produzent von Silphiematerialien Teil dieses Buches.
Grußworte von Bundes-Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck und Bundes-Außenministerin Annalena Baerbock eröffnen den Band. Während Habeck „Made in Germany“ als Qualitätssiegel preist, setzt Baerbock auf eine Zeitenwende in der Sicherheitspolitik als stärkenden Wirtschaftsfaktor für deutsche Unternehmen. Inhaltliche Essays von Mike Richter (Präsident des Rat für Formgebung), Isabelle Vérilhac (Präsidentin des Büros der europäischen Designverbände) und Lutz Dietzler unterstreichen die Bedeutung von Design.
Für 65 Euro kann der aktuelle Stand und Stellenwert von Marken und Design erfahren werden.